Senat gibt grünes Licht für Basisgesetz und Extraktivismus

Basisgesetz Argentinien
Tausende protestierten in Buenos Aires während der Senatsdebatte. Foto: Germán Romeo Pena (ANRed)

(Buenos Aires, 14. Juni 2024, agencia tierra viva).- Der argentinische Senat hat das Basisgesetz (Ley Bases) gebilligt. Der Gesetzentwurf wird nun an die Abgeordnetenkammer zurückgehen, die die vom Senat vorgenommenen, auch minimalen, Änderungen überprüfen muss. Die Initiative der Regierung kommt großen transnationalen Konzernen, wie dem Bergbau, den Öl- und Agrarunternehmen zugute. Alle sozialökologischen Vereinigungen, Landwirt*innenbewegungen und indigenen Organisationen sind sich einig, dass dieses Gesetz das extraktivistische Modell vorantreiben und gleichzeitig den Druck sowie die Konflikte auf dem Land in Argentinien verstärken wird. Während der Sitzung ging die Polizei hart gegen die Demonstrierenden vor dem Kongress vor, mehr als 30 Personen wurden verhaftet.

Nach einer Stimmengleichheit von 36 Ja- und 36 Nein-Stimmen, sowie null Enthaltungen, entschied sich die Vizepräsidentin des Landes und Vorsitzende des Senats, Victoria Villarruel, für das Gesetzesprojekt und gab damit den Ausschlag. In den vorangegangenen Stunden sickerte durch, dass Senatorin Lucila Crexell im Gegenzug für ihre Ja-Stimme zur UNESCO-Botschafterin berufen werden würde. Auffällig waren auch die Ja-Stimmen der Peronisten Edgardo Kueider (Partei Entre Ríos) und Carlos Espínola (Corrientes). Nach der Sitzung erklärte Enrique Viale von der Vereinigung der Umweltanwält*innen: „Dieses Projekt verschärft die extraktivistische Modell, weil es steuerliche und finanzielle Vorteile generiert, die die Politik der Ausbeutung unserer Natur noch verstärken. Und seine Verhandlung war skandalös. Es ist der Selbstbedienungsladen des 21. Jahrhunderts. Mehr als eine politische Erklärung müssen wir nach einer kriminellen Erklärung suchen.“

„Selbstbedienungsladen des 21. Jahrhunderts“

Der Anwalt war einer der Redner*innen der Zivilgesellschaft gegen das Basisgesetz in der Abgeordnetenkammer. „Wir haben Gesetze des 21. Jahrhunderts diskutiert und nun diskutieren wir Themen des 19. Jahrhunderts“, betonte er damals. Nach der grundsätzlichen Zustimmung beider Kammern prangert er nun an: „Wir haben es mit einer Regierung zu tun, die den Klimawandel und die ökologischen Folgen leugnet, die außerdem alles ausliefert und von großen Konzernen gesteuert wird. Das ist ein weiteres Schmuckstück für Leute wie Elon Musk, um beispielsweise das argentinische Lithium zu plündern. Aber ohne die Komplizenschaft eines großen Teils der sogenannten Opposition wäre das nicht möglich gewesen“. Im Senat sitzen lediglich sieben Senator*innen der Regierung, so dass die überwiegende Mehrheit der Stimmen von Abgeordneten aus anderen Blöcken kam.

Indem der Gesetzesentwurf an die Abgeordnetenkammer zurückgeht, ergeben sich drei mögliche Szenarien: Das erste ist, dass die Kammer das Gesetz genau so annimmt, wie es aus dem Senat kam. Das zweite ist, dass sie es annimmt, aber auf dem ursprünglichen Gesetzentwurf besteht. Das dritte Szenario ist, dass sie das Gesetz ablehnt. In letzterem Fall würde das bedeuten, dass das Thema in diesem Jahr nicht mehr behandelt werden könnte. Das ist für Viale jedoch unwahrscheinlich: „Es muss untersucht werden, ob es eine Komplizenschaft der Senator*innen gab, die den Gesetzentwurf unterstützten, indem sie sagten, dass sie Änderungen vornehmen würden – in dem Wissen, dass das Gesetz dann an die Abgeordnetenkammer zurückgeht und man zum ursprünglichen Gesetzentwurf zurückkehren könnte“ betont er und schließt: „Wir müssen die Natur, die Territorien und das Heimatland mehr denn je gemeinsam verteidigen.“

Offene Türen für die ungehinderte Rohstoffplünderung

„Dieser Gesetzentwurf bedeutet mehr Extraktivismus, weniger Demokratie und eine Regierung, die den gesamten Repressionsapparat in den Dienst der Konzerne stellt“, fasst Viale zusammen. Die Genehmigung des Régimen de Incentivo para las Grandes Inversiones (RIGI), einem Anreizsystem für Großinvestitionen, ist das beste Beispiel für das Modell, das mit dem Basisgesetz eingeführt werden soll. Diese Regelung umfasst Projekte im Bereich der „industriellen Aufforstung“ (wie das Agrobusiness in der Debatte genannt wurde), der Infrastruktur, des Bergbaus, der Energie und der Technologie.

Unternehmen in diesen Sektoren, die mehr als 200 Millionen Dollar investieren, werden enorme Vorteile gegenüber den übrigen Unternehmen des Landes haben. Dazu gehören eine Ermäßigung der Einkommenssteuer, keine Beschränkungen oder Zölle auf die Einfuhr von Maschinen und Betriebsmitteln – was sie vom Kauf von inländischen Anbieter*innen abhält – und keine Exportsteuer. Außerdem sind sie ab dem dritten Projektjahr nicht mehr verpflichtet, die mit ihren Exporten erwirtschafteten Devisen ins Land zu bringen oder dort abzurechnen. Darüber hinaus haben sie im Fall von Engpässen vorrangigen Zugang zu Ressourcen wie Wasser oder Energie. Für die nächsten 30 Jahre werden sie „steuerliche Stabilität“ genießen, das heißt, es wird für sie keine steuerlichen oder rechtlichen Änderungen geben.

Das RIGI war eines der umstrittensten Themen im Senat wegen der Vorteile, die es dem Großkapital gewährt. Die Änderungen waren jedoch letzten Endes nur kosmetischer Natur. Eine dieser Änderungen war es, die „Agrarindustrie“ in „industrielle Aufforstung“ umzubenennen. „Damit schützen wir den ländlichen Raum, die Agrarindustrie und die traditionellen Sektoren Argentiniens. Wir brauchen kein Großkapital, das kommt, um die Speiseölfabrik Santa Fe zu kaufen, eine RIGI etabliert und keine Steuern zahlt. Es geht um neue Aktivitäten, wie die Forstwirtschaft, die in Argentinien so schlecht verwaltet wird, dass alle Zellstofffabriken nach Uruguay gegangen sind“, behauptete der Senator von Salta, Juan Carlos Romero.

Bei seiner Ja-Stimme erklärte Romero auch mit Blick auf Artikel 163, der die Zustimmung der Provinzen zu einem Projekt fordert: „Die legitime Ausübung der Provinzen ist geschützt. Es widerstrebt mir, dass wir den Umweltschutz der Nation überlassen oder dass Umweltgruppen aus Buenos Aires auftauchen und sagen, ob ein Projekt in der Puna gut ist oder nicht. Die Umweltfrage gehört in die Zuständigkeit der Provinzen.“

Die Senator*innen haben entschieden, das Recht auf eine gesunde Umwelt nicht zu schützen, angesichts der Ansiedlung dieser Unternehmen. Nicht einmal, als die Senatorin und Vorsitzende des Umweltausschusses des Senats, Edith Terenzi (Juntos por el Cambio, Chubut), dies mitten in der Sitzung forderte. „Die Regelung konzentriert sich nur auf die wirtschaftlichen Fragen, aber wir wissen alle, dass die im RIGI enthaltenen Projekte starke Auswirkungen auf die Umweltrechte haben werden. In den gesamten Artikeln des RIGI werden Umweltfragen, Haftung bei Umweltschäden und deren Beseitigung im Zusammenhang mit den vorgeschlagenen Investitionsprojekten nicht erwähnt. Es gibt keinerlei Bedingungen für die profitierenden Unternehmen, Umweltverträglichkeitsstudien oder Bewertungen der anfallenden Auswirkungen dieser Projekte vorzulegen“, argumentierte sie. Und schlug vor, dass die Projekte ihre „ökologische Nachhaltigkeit“ nachweisen müssten, um genehmigt zu werden und dass die Nichteinhaltung von Umweltvorschriften ein Grund für den Ausschluss von der Regelung sein sollte.

Keinem der beiden Vorschläge wurde Beachtung geschenkt. Dennoch stimmte die Abgeordnete schließlich dafür. Ebenso wie Guillermo Andrada, ein peronistischer Senator, der dem Gouverneur Raúl Jalil von Catamarca nahesteht. Eine der von ihm vorgeschlagenen Änderungen war die Aufnahme eines Plans für die Entwicklung lokaler Zulieferer, obwohl diese bisher keine Fortschritte bei der Einstellung lokaler Arbeitskräfte für die Bergbauprojekte gemacht haben. Abgesehen von den Senator*innen der Regierung stimmten auch Sandra Mendoza (Tucumán) und Carolina Moisés (Juyjuy) für das RIGI.

Keine behördliche oder finanzielle Mittel zum Schutz der Natur

Das Gesetz verließ den Senat mit weiteren Änderungen zur Umweltregulierung und zur Übertragung von Ressourcen. In Artikel 3 über die Übertragung von Befugnissen wird Präsident Javier Milei ermächtigt, die Staatsreform und den Verwaltungsumbau voranzutreiben. Zu diesem Zweck ist es ihm erlaubt, die Rechtsstruktur zu verändern, Zuständigkeiten einzuschränken oder staatliche Einrichtungen direkt abzuschaffen. Zu den Schlüsselbereichen für die Koordinierung und Anwendung der Umweltpolitik, die dem Präsidenten unterstellt werden, gehören die Aufsichtsbehörde für die Sicherheit von Staudämmen (Orsep), das argentinische Institut für Schnee und Glaziologie (laniglia) und die Behörde für das Matanza-Riachuelo-Becken (Acumar).

Von diesem Artikel 3 ausgeschlossen wurden die Atomaufsichtsbehörde (ARN), die Nationale Kommission für Weltraumaktivitäten (Conae), die Nationale Atomenergiekommission (CNE), das Nationale Institut für Agrartechnologie (INTA), die Verwaltung der Nationalparks (APN), der Nationale Dienst für Gesundheit und Qualität in der Landwirtschaft (Senasa), das Nationale Wasserinstitut (INA), der Argentinische Dienst für Geologie und Bergbau (Segemar) und das Nationale Institut für Forschung und Entwicklung in der Fischerei (Inidep).

Während der Sitzung schlug die Senatorin für Mendoza, Anabel Fernández Sagasti (UP) erfolglos vor, das Wort „beseitigen“ (eliminar) aus den dem Präsidenten übertragenen Befugnissen zu streichen. Denn in Artikel 5 wird die Exekutive ermächtigt, „öffentliche Treuhandfonds zu ändern, umzuwandeln, zu vereinheitlichen, aufzulösen, zu liquidieren oder zu streichen“. Dazu gehören der Treuhandfonds für den Schutz der natürlichen Wälder, der Nationale Fonds für Brandbekämpfung, sowie die Fonds für die Entwicklung erneuerbarer Energien und für die Förderung der dezentralen Erzeugung erneuerbarer Energien.

Die Entscheidung des Kongresses, die Möglichkeit der Abschaffung dieser Fonds zu unterstützen, schädigt Schutzgebiete wie die natürlichen Wälder. „Die Auflösung des Treuhandfonds für den Umweltschutz der natürlichen Wälder würde die stillschweigende Aufhebung der Artikel 30 bis 39 des Gesetzes über Mindestbudgets für den Schutz der Wälder (Gesetz 26.331) bedeuten“, warnte die Fundación Ambiete y Recursos Naturales (FARN).

Kohlenwasserstoffe für den Export

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Exekutive (auf nationaler oder provinzieller Ebene) folgende Dinge genehmigen darf: Erlaubnisse zur weiteren Erforschung und Ausbeutung, Transport- und Speichergenehmigungen sowie die Genehmigung zur Verarbeitung von Kohlenwasserstoff. Die nationale Exekutive darf bei keiner dieser Tätigkeiten eingreifen oder Preise für den Inlandsmarkt festlegen. Der Vorrang der inländischen Versorgung und die Befugnis der Exekutive zur Preisfestsetzung werden ebenfalls abgeschafft.

„Die Genehmigungsinhabenden und Lizenznehmenden werden die Kontrolle über die von ihnen geförderten Kohlenwasserstoffe haben und folglich in der Lage sein, sie zu transportieren, zu vermarkten, zu industrialisieren und ihre Derivate frei zu vermarkten, immer in Übereinstimmung mit den von der nationalen Exekutive erlassenen Vorschriften“, heißt es in der Initiative. Auf diese Weise werden folgende Gesetze geändert: das Gesetz 17.319 über Kohlenwasserstoffe, das Gesetz 24.076 über Erdgas und das Gesetz 26.741, durch das 51 Prozent der Ölgesellschaft YPF im Jahr 2012 verstaatlicht wurden. Außerdem werden Änderungen bei den Regulierungsbehörden sowie an den Gesetzen 15.336 und 24.065 über die Erzeugung, den Transport und die Regulierung von Elektrizität eingeführt.

Übersetzung: Clara Seitter

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